Immobilienpreisdaten: Angebots- und Transaktionspreise nähern sich an

Schema: Verhältnis von Transaktionspreisen und Angebotspreisen im Zyklus

so lautete eine These in unserem Beitrag mit dem Titel, Angebotsdaten sind heute wichtiger denn je. Begründet haben wir dies durch die sinkenden Verhandlungsspielräume angesichts der Marktentwicklungen.

Nun wurden wir vielfach gefragt, ob wir dazu aktuelle empirische Belege vorlegen können: Jein, lautet die Antwort. Dazu wäre eine objektscharfe Verschneidung mit Transaktionsdaten vonnöten, um etwaige Mittelwerteffekte auszuschließen. Um die These aber trotzdem mit ein wenig Empirie zu unterfüttern, haben wir uns einmal den Frankfurter Wohnungsmarkt durch die Mittelwertbrille angeguckt und siehe da, die Tendenz ist sichtbar. Sowohl im Neubausegment als auch in Bestandssegmenten haben sich die Unterschiede zwischen Angebotspreisen und Transaktionspreisen im Mittel teilweise deutlich verringert.

Transaktionsabschläge in Frankfurt am Main

1. Eigentumswohnungen (Neubau) in Frankfurt am Main. Abweichung (rechte Y-Achse) der mittleren Angebots- und Transaktionspreise (linke Y-Achse) im Zeitverlauf – Halbjahresprojektion der Angebotsdaten (Quellen: Transaktionsdaten: Immobilienmarktbericht 2018, Gutachterausschuss Frankfurt am Main, Angebotsdaten: empirica-systeme)

Und ja, Segmente in denen die mittleren Transaktionspreise die Angebotspreise übersteigen, sind ebenfalls auffindbar, vor allem bei den zur Eigennutzung begehrten größeren Wohnungen. Diese Tendenz lässt sich auch in anderen angespannten Märkten nachweisen (z.B. in Konstanz). Betrugen die Abschläge zwischen den mittleren Quadratmeterpreisen in Frankfurt für die Wohnungsgrößenklasse 111m²-130m² im Jahr 2015 noch fast -6%, d.h. die mittleren Angebotspreise überstiegen die mittleren Transaktionspreise um rd. 6%, betrugen sie im Jahr 2017 rd. +5%, hier lagen die mittleren Angebotspreise also relativ deutlich unter den mittleren Transaktionspreisen.

2. Eigentumswohnungen 111-130m² in Frankfurt am Main. Abweichung (rechte Y-Achse) der mittleren Angebots- und Transaktionspreise (linke Y-Achse) im Zeitverlauf (Quellen: Transaktionsdaten: Immobilienmarktbericht 2018, Gutachterausschuss Frankfurt am Main, Angebotsdaten: empirica-systeme)

Bei den etwas kleineren 91m²-110m² Wohnungen lässt sich die Tendenz sich umkehrender Preisverhältnisse ebenfalls feststellen. Von einem nahezu ausgeglichenen Verhältnis mit rd. -1%  in 2015 übersteigen die mittleren Transaktionspreise die mittleren Angebotspreise um r.d 4%.

3. Eigentumswohnungen 91-110m² in Frankfurt am Main. Abweichung (rechte Y-Achse) der mittleren Angebots- und Transaktionspreise (linke Y-Achse) im Zeitverlauf (Quellen: Transaktionsdaten: Immobilienmarktbericht 2018, Gutachterausschuss Frankfurt am Main, Angebotsdaten: empirica-systeme)

Bei den Neubauwohnungen insgesamt lässt sich die Tendenz anhand der Mittelwerte ebenfalls nachweisen. Von rd. 12% in 2014 sinkt der Abschlag auf 2% in 2016. In 2017 steigt der Abschlag hingegen wieder auf etwa 6% an. Das Neubausegment ist allerdings eine Klasse für sich, hier kommen Mittelwerteffekte besonders zum Tragen.

4. Eigentumswohnungen (Neubau) in Frankfurt am Main. Abweichung (rechte Y-Achse) der mittleren Angebots- und Transaktionspreise (linke Y-Achse) im Zeitverlauf (Quellen: Transaktionsdaten: Immobilienmarktbericht 2018, Gutachterausschuss Frankfurt am Main, Angebotsdaten: empirica-systeme)

Neben der extremen Preisdynamik am Frankfurter Markt, könnten auch zahlreiche teuere Hochhausprojekte (die im Laufe des Jahres 2017 vermehrt in die Vermarktung gingen) eine Erklärung den erneuten Anstieg der Abschläge in 2017 bieten. Hier wird natürlich besonders gegen Ende des Jahres nicht jeder Vermarktungserfolg noch im selben Jahr beim Notar besiegelt. Diese Time-Lags schlagen sich besonders dann in Mittelwertauswertungen nieder, wenn am Markt eine hohe Dynamik – so wie in Frankfurt – vorherrscht und daher auch mit hoher unterjähriger Preissteigerung zu rechnen ist. Dieses Phänomen zeigt sich besonders in der Monatsbetrachtung (vgl. Abb. 5).

5. Eigentumswohnungen (Neubau) in Frankfurt am Main. Abweichung (rechte Y-Achse) der mittleren Angebots- und Transaktionspreise (linke Y-Achse) im Zeitverlauf (Quellen: Transaktionsdaten: Immobilienmarktbericht 2018, Gutachterausschuss Frankfurt am Main, Angebotsdaten: empirica-systeme)

Die Transaktionsabschläge sind zu Beginn eines Jahre am niedrigsten und steigen bis zum Jahresende mehr oder weniger kontinuierlich an. Die unterjährige Volatilität ist neben der räumlich ungleichen Verteilung der zweite Hauptfaktor der Mittelwerteffekte, die die hier vorliegenden Vergleiche nur eingeschränkt als empirischen Beleg gelten lassen. Für eine Mittelwertbetrachtung ist es daher sinnvoll, die jeweiligen Halbjahre vor und nach dem Jahreswechsel, auf die Transaktionsperiode nach dem Jahreswechsel zu beziehen (Halbjahresprojektion in  vgl. Abb. 1). Durch diese „Korrektur“ der Time-Lags ergibt sich für den Frankfurter Markt ein Rückgang der Transaktionsabschläge von -10% in 2013 auf -1% in 2017.

Transaktionsabschläge in Berlin und Konstanz

Die Annäherung von Angebots- und Transaktionspreisen ist kein besonderes Phänomen des Frankfurter Wohnungsmarktes. Auch in anderen angespannten Märkten sollte diese Entwicklung sichtbar sein. In Berlin konnten wir diese Tendenz z.B. ebenfalls anhand der Mittelwerte nachzeichnen.

6. Eigentumswohnungen in Berlin. Abweichung (rechte Y-Achse) der mittleren Angebots- und Transaktionspreise (linke Y-Achse) im Zeitverlauf (Quellen: Transaktionsdaten: Grundstücksmarktberichte Gutachterausschuss Berlin, Angebotsdaten: empirica-systeme)

In der Stadt Konstanz zum Beispiel, wurde durch empirica bereits ab dem Jahr 2013 ein überschießen mittleren Transaktionspreise beobachtet. Im Jahr 2015 betrug die Abweichung der mittleren Transaktionspreise sogar +5% im Vergleich zu den mittleren Angebotspreisen. Auch für Bestandseinfamilienhäuser entwickelte sich der Transaktionsabschlag in Konstanz von -11% in 2012 in einen deutlich positiven Bereich von >+5%.

Einordnung und Fazit

Unserer kursorischer Vergleich kann keine qualifizierte Studie zu den Einflussfaktoren auf Transaktionsabschläge ersetzen, da Mittelwerteffekte nur durch eine objektscharfe Verschneidung der Angebots- und Transaktionspreise auszuschließen sind. Diese führen zu Verzerrungen der Ergebnisse (vgl. z.B. Dinkel und Kurzrock 2012 oder Ache und Hein 2011), denn nicht nur zeitliche und räumliche Heterogenität sondern auch eine zunehmende Selektivität des öffentlichen Angebotsmarktes führen zu Abweichungen, die nur durch eine Einzelfallanalyse nivellierbar sind. Der Mittelwertvergleich liefert daher keine Erkenntnisse über das tatsächliche Niveau der Abweichungen sondern lediglich über die Tendenzen. Die letzte uns bekannte qualifizierte empirische Untersuchung (objektscharfe Vergleiche beider Datenquellen) stammt vom IW aus dem Jahr 2014 (Henger und Voigtländer 2014) und zeigt ebenfalls einen rückläufigen Transaktionsabschlag auf dem Hamburger Wohnungsmarkt an (von -7,8% (2007) und -3,4% (2012)).

Wir denken, es ist an der Zeit derartige qualifizierte Untersuchungen zu wiederholen. Unsere Auswertungen bestätigen zumindest tendenziell die These einer Zyklusabhängigkeit des Transaktionsabschlages.

Besonders die zeitnahe Abbildung unterjähriger Entwicklungen anhand von Angebotsdaten ist aktuell ein großer Vorteil. Wenn die Transaktionspreise in naher Zukunft den Zyklushöhepunkt anzeigen, liegen die Angebotspreise erwartungsgemäß schon wieder darunter. Die z.T. immer noch fortwährende pauschale Infragestellung von Angebotspreisdaten wird daher immer fragwürdiger.

Quellen

Ache, Peter und Sebastian Hein, 2011, Kaufpreissammlungen und Angebotsdatenbanken – Übertragung der Erfahrungen aus dem Pilotprojekt auf Niedersachsen, Vortrag AK Immobilienpreise des BBSR

Dinkel, Michael / Kurzrock, Björn-Martin, 2012, Angebots- und Transaktionspreise von selbstgenutztem Wohneigentum im Ländlichen Raum, in: Zeitschrift für Immobilienökonomie, Nr. 1

empirica ag 2017: Wohnungsbedarfsprognose 2035 für die Stadt Konstanz

Henger, Ralph und Voigtländer Michael, 2014,  Transaktions- und Angebotsdaten von Wohnimmobilien – eine Analyse für Hamburg, in: IW Trends 4, 2014

Gutachterausschuss Frankfurt am Main, Immobilienmarktbericht 2018, https://www.frankfurt.de/sixcms/detail.php?id=3024&_ffmpar%5b_id_inhalt%5d=102226 abgerufen am 08.06.2018

Gutachterausschuss Berlin, Grundstücksmarktberichte 2011-2018

Frankfurter Neue Presse, Gutachterausschuss Frankfurt 2018, Wohnungspreise in Frankfurt steigen weiter, abgerufen unter: http://www.fnp.de/lokales/frankfurt/Wohnungspreise-in-Frankfurt-steigen-weiter;art675,2880890 abgerufen am 08.06.2018